Der erste bundesweite Warntag am 10. September 2020 hat es deutlich gemacht: Sirenen sind ein gutes Mittel, um die Bevölkerung im Ernstfall vor Gefahren zu warnen. Dies leisten zwar auch digitale Warn-Apps und Mitteilungen über Rundfunkkanäle, sind aber auch deutlich anfälliger für Störungen, wenn etwa der Strom ausfällt oder der Empfang unterbrochen ist. Sirenen heulen auch dann noch, dank Notstromversorgung.

Sirenen können jedoch nur dann warnen, wenn es sie überhaupt noch gibt. In der Region Schwarzwald-Baar wurde das Sirenennetz seit Ende des Kalten Krieges nach und nach zurück gebaut. Noch bis in die 1990er-Jahre hatte der Bund die damals rund 80.000 Sirenen bundesweit betrieben, für Warnungen vor Luftangriffen oder für Feuerwehr-Alarmierungen.

Nach Wegfall dieser weltpolitischen Bedrohungslage konnten die Gemeinden die Sirenen für ihren Zivilschutz übernehmen, doch viele Kommunen hatten kein Interesse. Aktuell soll es in Deutschland nur noch rund 40.000 solcher Warneinrichtungen geben.

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Unwetter-Katastrophen, wie zuletzt im Ahrtal, hatten die Diskussion um ein funktionierendes und flächendeckendes Sirenennetz neu entfacht. Auch der Warntag im vergangenen Jahr hatte Schwachstellen digitaler Informationswege offengelegt und dazu beigetragen. Der Bund reagierte mit einem Förderprogramm, welches über elf Millionen Euro für Gemeinden in Baden-Württemberg vorsieht. Die Frist für Förderanträge lief im November 2021 ab.

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Andere offenbar schneller

Jetzt geht es an die Verteilung der beantragten Gelder. Im ersten Schwung Ende Dezember erhielten 33 Gemeinden aus dem Gebiet des Regierungspräsidiums Freiburg eine Bewilligung: darunter acht Gemeinden aus dem Landkreis Tuttlingen, vier Gemeinden aus dem Landkreis Rottweil und vier aus dem Breisgau-Hochschwarzwald. Gemeinden aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis waren nicht darunter.

Jetzt, Anfang Februar 2022, wurden in der zweiten Tranche weitere Förderanträge bewilligt. Dieses Mal wurde zumindest die Stadt Blumberg berücksichtigt, die 162.750 Euro für den Sirenenausbau erhalten soll.

Nächste Tranche im März

Aber was ist mit den anderen Gemeinden im Landkreis? Haben die zu langsam reagiert? Wurden überhaupt Anträge gestellt? Die Vergabe der Fördergelder fand nämlich im Rahmen eines Windhundeverfahrens statt, getreu dem Sprichwort „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“. Bis auf Blumberg hatten es die anderen Gemeinden offenbar nicht so eilig, blickt man auf die bislang bewilligten Anträge zurück.

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Bereits vor der Bewerbungsfrist im November fiel auf, dass im Landkreis das Thema sehr unterschiedlich angegangen wurde. In einigen Gemeinden waren sich die Gremien relativ schnell einig, das Förderangebot zu nutzen, um die Sirenen-Infrastruktur zu modernisieren oder gar neu aufzubauen.

In Triberg, Schonach, Königsfeld oder Mönchweiler zum Beispiel, gaben die Gemeinderäte grünes Licht für eine solche Investition. Der Gemeinderat Niedereschach entschied sich nach langer Diskussion dagegen. Als Kritikpunkt wurde hier beispielsweise die zu erwartenden, regelmäßigen Wartungskosten angeführt.

In Villingen-Schwenningen stand der Aufbau eines Sirenennetzes ebenfalls auf der Tagesordnung, allerdings erst im Dezember. Die Frist für den Förderantrag war damals schon abgelaufen. Dennoch wurden 38 Sirenen für 775.000 Euro in einer ersten Prognose angedacht mit jährlichen Wartungskosten von rund 9500 Euro. Wie sich das Thema hier weiterentwickelt, ist unklar, denn ohne Fördergelder hätte eine solche Position im Haushalt deutlich mehr Gewicht. Und ob seitens des Bundes ein neues Förderprogramm aufgelegt wird, ist derzeit nicht absehbar.

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„Die Tranchen, also auch die dritte Tranche im März, sind Gelder, welche der Bund im Rahmen des Konjunktur- und Krisenbewältigungspaketes 2020 bis 2022 zur Förderung der Sireneninfrastruktur zur Verfügung gestellt hat“, sagt Matthias Henrich, Pressesprecher beim Regierungspräsidium Freiburg.

Anträge zur Förderung hätten die Gemeinden in Baden-Württemberg bis zum 12. November 2021 einreichen können. Die jetzt bereits ausgezahlten zwei Tranchen sowie die noch ausstehende dritte Tranche würden aus dieser Antragsreihe stammen.

„Ein neues Förderprogramm gibt es derzeit nicht und damit auch keine Möglichkeit von Gemeinden, die keinen Antrag auf Förderung gestellt haben, aus dem Förderprogramm bedient zu werden“, sagt Matthias Henrich, Pressesprecher beim Regierungspräsidium Freiburg. Ein neues Förderprogramm gebe es derzeit nicht.

Förderzeitraum kurz bemessen

Mit Schreiben vom 15. Oktober hatten Landkreis- und Gemeindetag gegenüber dem Innenministerium Baden-Württemberg kritisiert, dass die Förderzeiträume zu kurz gewählt wurden. Die notwendigen Produktkapazitäten seien einer Prognose zu Folge im geförderten Zeitraum nicht vorhanden gewesen.

Außerdem hätten Kommunen den in den Förderkriterien vorgesehenen Gemeinderatsbeschluss nicht fristgerecht einhalten können. Der Stadt Villingen-Schwenningen sollen zudem keine detaillierten Planungsunterlagen vorgelegen haben, heißt es in der Sitzungsvorlage.

Dazu teilt Henrich mit: „Die Erfordernisse für das Stellen eines Antrags und das Procedere bei Überzeichnung des Förderprogramms, sprich wenn zu viele Anträge gestellt wurden, wie es hier der Fall war, waren den Gemeinden bekannt.“

Noch ganz am Anfang

Noch einen Schritt hinter der Doppelstadt zurück, liegt die Stadt St. Georgen mit ihren Bemühungen zum Aufbau eines Sirenennetzes. „Es laufen Gespräche. Aber wir stehen beim Thema noch ganz am Anfang“, teilt Stadtsprecherin Julia Merkle auf SÜDKURIER-Nachfrage mit. Bis sich der Gemeinderat hier mit einer möglichen Investition beschäftigen wird, könnte es noch dauern.

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Auch die Stadt Donaueschingen steht ähnlich da. Zwar gibt es hier noch vier Sirenen auf Dächern in Ortsteilen, doch die Stadtverwaltung nutzt diese nicht. Vielmehr wird zur amtlichen Warnung auf das im gesamten Bundesgebiet verfügbare satellitengestützte modulare Warnsystem „MoWaS“ gesetzt.

Darüber können verschiedenste Warnmedien und Multiplikatoren angesteuert werden, beispielsweise Radio- und Fernsehstationen, Onlinemedien oder Warn-Apps. Zusätzlich seien in der Kernstadt und in allen Ortsteilen Lautsprecherwagen der freiwilligen Feuerwehr verfügbar, so Stadtsprecherin Beatrix Grüninger. Alle Abteilungen seien entsprechend ausgerüstet worden. Ob auch in Donaueschingen zukünftig wieder Sirenen zum Einsatz kommen sollen, sei aktuell noch in Prüfung.

Schon weiter

Die Stadt Bad Dürrheim und die Ortsteile sind da schon wesentlich weiter. Zahlreiche Sirenen sind noch aktiv. Beim Warntag 2021 waren diese weithin hörbar. Auch in Ortsteilen von Hüfingen sowie in den Blumberger Orsteilen Riedöschingen, Riedböhringen, Triberg, sowie den Orsteilen Gremmelsbach und Nußbach soll es noch ein Sirenennetz geben, in Teilen sogar modernisiert.

Als Vorreiter kann die Stadt Trossingen im Landkreis Tuttlingen angesehen werden. Dort wurde bereits im Jahr 2018 vom Gemeinderat beschlossen, an zehn Standorten neue Warnanlagen zu installieren.

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